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ihre Blaskapelle, und es gab kein festliches Ereignis bei dem nicht auch die Adjuvanten mit dabei waren und zu ihrer und unserer Freude aufspielten. Im Herbst 1944 wurde unser Volk zerrissen und in alle Welt zerstreut. Vieles ist anders geworden; doch überall da, wo unsere Landsleute in größeren Gruppen beieinander wohnen, wurde und wird auch heute Althergebrachtes neu belebt. Die Adjuvanten fanden sich wieder, neue. kamen hinzu und gründeten, mit oft unzulänglichen Mitteln neue Blaskapellen, die zur Erhaltung alten Brauchtums inzwischen viel beigetragen haben. In Nordrhein-Westfalen gibt es heute fünf Blaskapellen. Diese haben sich im Jahre 1956 unter Obmann Michael B a i e r - Oberhausen zu dem Siebenbürger Blaskapellen-Bund zusammengeschlossen. Die Vereinigung der Kapellen hat u. a. auch den Zweck einer jährlich einmaligen Zusammenkunft.

In diesem Jahre war als Treffpunkt Herten-Langenbochum für den 14, 15. und 16. Juni vorgesehen. Mit den Vorbereitungen wurde frühzeitig begonnen. Schon Wochen vorher torachte die örtliche Presse Hinweise auf das zu erwartende musikalische Ereignis. In fast fieberhafter Tätigkeit wurde die Siebenbürgen-Siedlung — die sich übrigens auch sonst sehen lassen kann — auf Hochglanz gebracht. Als Träger der Veranstaltung hatte die Langenboehumer Stammkapelle ein Festzelt mit 150 Sitzplätzen aufstellen lassen. Als in den Nachmittagsstunden des 14. Juni die ersten Gäste eintrafen, war zu dem ersehnten Besuch von 250 Landsleuten alles bestens vorbereitet. Mit schwungvoller Marschmusik wurde jede von auswärts ankommende Kapelle am Eingang zur Siedlung herzlichst begrüßt. Das Händeschütteln nahm kein Ende, überall Freude und strahlende Augen, ein kleines Dinkelsbühl.

Erschienen waren die Blaskapelle von Oberhausen mit ihrem Kapellmeister Edgar L i e b ; Setterich mit Kapellmeister Michael O h l e r ; Wolfsburg, mit Kapellmeister Mathias Riedel, und die Langenbochumer Jugendkapelle „Frischauf" mit ihrem Kapellmeister Stefan P o t s c h.

Abends großes Treffen im Festzelt..

Ein von allen Kapellen gespieltes Musikstück gab den festlichen Tagen den Auftakt. Der Obmann der veranstaltenden Kapelle Johann Schmedt entbot allen Anwesenden ein herzliches Willkommen und freute sich, insbesondere Vertreter der Behörden, der Kirche, des Bergbaues, fast alle Stadtverordnete, und, eine große Zahl der einheimischen, Bevölkerung begrüßen zu können. Der Redner gab dem Wunsche Ausdruck, daß dieses Fest zu einer Vertiefung der Gemeinschaft zwischen den Einheimischen und den Landsleuten, aus Siebenbürgen beitragen möge. Anschließend sprach der Bundesvorsdtzende Dr. Dr, Eduard K e i n t z e l über den Sinn des Festes, sowie über die Bedeutung der Musik im Volksleben. Musik seivölkerverbindend und menschenversöhnend.

Die Pflege der Musik sei insbesondere für die Jugend! eine schöne Aufgabe; hier biete sich die Möglichkeit einer sinnvollen Freizeitgestaltung. Nach den Ansprachen begannen die Kapellen mit ihrem reichhaltigen Konzert. Der Kapellmeister der Langenbochumer Stammkapelle - Michael H a r t i g - dirigierte mit großer Sicherheit die gemeinsam musizierenden 140 Bläser. Reicher Applaus der ca. 2000 Zuhörer nach jedem Musikstück für Musiker und Dirigenten. Spontaner Beifall brauste auf,als der 71jährige Begründer und ehemaliger Kapellmeister der Langenbochumer Stammkapelle Stefan Ff I e ii s c h e r das Podium betrat und als Abschluß des Programmes den Marsch „Alte Kameraden" dirigierte. Anschließend kamen die Tanzlustigen — und es war nicht nur die Jugend — zu ihrem Recht.

Auch das Sonntagsprogramm brachte viel Freude und Abwechslung. Die Bewohner der Siedlung wurden schon in den frühen Morgenstunden mit schmetterndem Trompetenklang geweckt. Wie bei allen sächsischen Festen war auch diesmal ein gemeinsamer Gottesdienst vorgesehen. Die Festpredigt hielt unser verehrter Generaldechant Dr. Carl M o l i t o r i s .

Am Nachmittag fand der Festzug und das große Platzkonzert auf dem Wilhelmsplatz in Herten statt; voran die 140 Bläser, dahinter Frauen. Männer, Jugend und Kinder in sächsischer Tracht, so ging es unter wolkenlosem, blauem Himmel durch Langenbochum nach. Herten. Ein farbenprächtiges Bild, das keiner von uns vergessen wird. Auch die Hertener Bevölkerung war begeistert; die Zahl der Zuhörer war sehr groß. Die örtlichen Zeitungen bezeichneten den „prachtvollen" Festzug zum Wilhelmsplatz als Höhepunkt des Musikfestes.

Für uns war es mehr, es war ein Stück Heimat, das uns noch für lange Zeit Kraft für den Alltag spenden wird. Inzwischen hatten Techniker des Westdeutschen Fernsehen in der Siedlung alles für ihre Aufnahmen vorbereitet. DieLangenbochumer Tanzgruppen mußten auf der Dorfstraße einige Tänze speziell für das Fernsehen zum Besten geben.

Der Abend stand, zu Beginn — so wie wohl alle Veranstaltungen dieses Sonntages — ganz im Zeichen der Fußball-Welmeisterschaftsspiele. Drei Fernsehapparate waren im Zelt aufgestellt. Zuerst kam König Fußball zur Geltung. Anschließend konnte mit dem vorgesehenen Programm begonnen  werden. Wenn am ersten Abend der 2. Bürgermeister Jablomsky und Stadtdirektor S t a n k e in unserer Mitte geweilt hatten, so konnten diesmal Bürgermeister S e n k e l und als Vertreter des Bergbaues Dr. von B a r g e n durch Ortshann Andreas Porr begrüßt werden. Lehrer Georg (Wuppertal) verstand es auch an diesem Abend meisterhaft, die Ansagen der einzelnen Musikstücke durch launige Wiedergaben von Episoden aus dem Musikerleben in der Heimat zu würzen. Die Tanzgruppen und der Musizierkreis der sächsischen Jugend von. Langenbochum sorgten für Abwechslung. Zum Tanz kamen die wieder so zahlreichen Besucher erst spät, dafür war ja dann der Montagabend nur für Tanz und Unterhaltung vorgesehen. Daß dieser dritte Abend bis zum Morgen des vierten Tages gedauert hat, sei nur am Rande vermerkt. Ph.